Ahnenforschung visuell erleben
Mit den Roland-Info-Grafiken startet der Roland zu Dortmund e.V. eine neue Reihe, um genealogisches Hintergrundwissen auf möglichst anschauliche Weise zu vermitteln. Bisher sind 11 Info-Grafiken erschienen, die wie immer kostenlos als pdf-Dateien heruntergeladen werden können. Die Reihe wird in unregelmäßigen Abständen fortgeführt.
Von Heiko Hungerige
Eine Info-Grafik (kurz für Informationsgrafik) ist eine visuelle Darstellung von Informationen, Daten oder Wissen. Sie kombiniert Text, Grafiken, Diagramme, Icons und Bilder, um komplexe Sachverhalte und umfangreiche Daten auf eine möglichst klare, verständliche und ansprechende Weise zu vermitteln. Das Ziel einer Infografik ist es, dem Betrachtenden zu helfen, Informationen schnell zu erfassen, zu verstehen und zu interpretieren.
Wie hilfreich eine visuelle Darstellung auch für familiengeschichtliche Zusammenhänge sein kann, erkannte bereits früh der Genealoge, Numismatiker und Heraldiker Hermann Grote (1802 – 1895):
„Der Genealogie ergeht es wie der Geographie: man muß sie sehen, um sie zu verstehen.“

Bisher sind folgende Info-Grafiken erschienen und können hier als pdf-Dokument heruntergeladen werden:
- 01 Ahnennummerierung nach Kekule
- 02 Ist die Kekule-Nummer wirklich von Kekule?
- 03 Verwandtschaftsbezeichungen und Verwandtschaftsgrade (Vergleich Deutsch- Englisch)
- 04 Verwandtschaftsbeziehungen und Angehörige (Englisch)
- 05 Verwandtschaftsbezeichungen (Latein)
- 06 Verwandtschaftsgrade nach altem und neuem Kirchenrecht
- 07 Juristischer und biologischer Verwandtschaftsgrad
- 08 Verwandtenehen (konsanguine Ehen)
- 09 Ahnen- und Nachfahrenimplex
- 10 Berechnung des Osterfestes per Hand nach C. F. Gauß
- 11 Standesämter und Standesamtsformulare

Unsere Roland-Info-Grafik Nr. 2 beschäftigt sich mit der Frage, ob die sog. "Kekule-Nummer" wirklich von Herrn Kekule stammt - der sich übrigens zeit seines Lebens "Kekule" und nicht "Kekulé" schrieb ...

Wie zu vielen unserer Info-Grafiken gibt es auch zu Grafik Nr. 11 eine ausführliche Forschungshilfe: "Standesamtswesen 1874 – 1945: Beischreibungen und Formulare" (Heft 20) von unserem Roland-Mitglied Inga Guttzeit.
Obwohl der Begriff „Infografik“ relativ modern ist, reicht die Geschichte der visuellen Informationsdarstellung weit zurück:
Frühe Anfänge: Bereits in prähistorischen Zeiten finden sich visuelle Darstellungen von Informationen, beispielsweise in Höhlenmalereien, die Jagdtechniken, Tänze,
Sexualpraktiken oder Tierarten abbildeten. Auch frühe Kalender und astronomische Darstellungen können als Vorläufer von Infografiken betrachtet werden.

Ikonisch: Diese ca. 14.000 Jahre alte „Info-Grafik“ in einer Höhle im Nationalpark Serra da Capivara in Brasilien wird auch heute noch problemlos verstanden. (Quelle: Parpan05, Wikimedia Commons)
Mittelalter und Renaissance: Im Mittelalter wurden in Manuskripten und religiösen Schriften visuelle Elemente zur Illustration und Wissensvermittlung eingesetzt. Karten und Stammbäume sind weitere Beispiele für frühe Formen der Informationsvisualisierung.
17. und 18. Jahrhundert: Mit dem Aufkommen von wissenschaftlichen Disziplinen und statistischen Erhebungen entstanden erste Formen moderner Diagramme und Grafiken. Der schottische Ingenieur und Volkswirt William Playfair (1759 – 1823) gilt als einer der Pioniere der modernen Infografik. Er entwickelte grundlegende Diagrammtypen wie Linien-, Balken- und Kreisdiagramme zur Visualisierung wirtschaftlicher und demografischer Daten.

Das erste bekannte Balkendiagramm (aus dem Jahr 1786) wird William Playfair (1759 – 1823) zugeschrieben und veranschaulicht die schottischen Im- und Exporte. (Quelle: William Playfair, „The Commercial and Political Atlas: Representing, by Means of Stained Copper-Plate Charts, the Progress of the Commerce, Revenues, Expenditure and Debts of England during the Whole of the Eighteenth Century“, London, 1786, gemeinfrei, Wikimedia Commons)
19. Jahrhundert: In dieser Zeit wurden statistische Grafiken und thematische Karten in verschiedenen Bereichen, von Wissenschaft bis hin zu sozialen Reformbewegungen, immer häufiger eingesetzt, so zum Beispiel von Alexander von Humboldt (1769 – 1859), der 1805 sein „Naturgemälde der Anden“ publizierte, eine noch heute beeindruckende frühe Info-Grafik. Das bekannteste Beispiel ist aber wohl die Karte des französischen Bauingenieurs Charles Joseph Minard (1781 – 1870) über Napoleons Russlandfeldzug, die auf eindrückliche Weise Truppenverluste mit geografischer Bewegung und Temperaturdaten kombiniert. Sie wurde 1869 veröffentlicht und ist nach Edward R. Tufte die „vermutlich beste Infografik aller Zeiten“. Auch die britische Krankenschwester Florence Nightingale (1820 – 1910) nutzte statistische Grafiken, um die hohe Sterblichkeitsrate in Militärkrankenhäusern zu veranschaulichen und Reformen voranzutreiben. Sie gilt als Erfinderin des sog. Polar-Area-Diagramms, eines Kreisdiagramms mit unterschiedlichen Radiuslängen.

Minards Grafik von 1869 über Napoleons Russlandfeldzug. Napoleons Grande Armée erreichte auf dem Hinweg am 24.06.1812 mit ca. 450.000 Mann Kowno (Kaunas in Litauen), davon erreichten auf dem Rückmarsch nur noch 40.000 Mann vom 27.-29.11.1812 das andere Ufer der Beresina. Die Temperatur-Angaben (unten) sind in Grad Réaumur angegeben (Schmelzpunkt von Eis: 0 °Ré; Siedepunkt von Wasser: 80 °Ré). (Quelle: Charles Minard, gemeinfrei, Wikimedia Commons)
20. Jahrhundert: Die Verbreitung von Zeitungen und Magazinen führte zu einer verstärkten Nutzung von Infografiken im Journalismus, um Nachrichten und komplexe Sachverhalte anschaulich zu erklären. Die Entwicklung des modernen Grafikdesigns und der Drucktechnologien trug zur Weiterentwicklung der Infografik bei.
Spätes 20. und 21. Jahrhundert: Mit dem Aufkommen des Internets und digitalen Werkzeugen erlebte die Infografik eine neue Blütezeit. Die einfache Erstellung und Verbreitung über soziale Medien und Websites machten sie zu einem populären Mittel für Marketing, Bildung, Journalismus und viele andere Bereiche. Interaktive Infografiken und Datenvisualisierungen entwickelten sich zu neuen Formen der Informationsvermittlung.
Auch für die Genealogie stehen eine Reihe von „Online-Visualisierungs-Tools“ zur Verfügung; exemplarisch verwiesen sei auf Exploring Family Trees (ein kostenloses Online-Analyse-Tool für GEDCOM-Dateien mit interaktiven Visualisierungsmöglichkeiten von Bradford F. Lyon), Geovis (Geovisualisierung von Historischen Adressbüchern, Ortsfamilienbüchern und Friedhöfen, ein CompGen-Projekt von Bernd Schwendinger und Jesper Zedlitz) oder Visualizing Historical Networks, das verschiedene historische soziale Netzwerke grafisch veranschaulicht, so zum Beispiel das soziale Netz von Angoulême in Westfrankreich im Jahr 1764 mit 505 Geburten, 327 Sterbefällen und 122 Eheschließungen.
Unsere Roland-Info-Grafiken bleiben dagegen "ganz klassisch" der Paper & Pencil-Tradition treu und können hier heruntergeladen werden: