Familiengeschichte von Welbergen über Langenhorst nach Rheine
Familienforschung ist keine Frage des Alters. Eindrücklich belegt dies Editha Lafebre, die mit 90 Jahren eine Chronik ihrer Familie vorlegt, die allen Anforderungen historisch-wissenschaftlichen Arbeitens gerecht wird – und darüber hinaus spannend zu lesen ist! Wir freuen uns, dass sie uns das Ergebnis ihrer jahrelangen Recherchen zur Verfügung gestellt hat. Das „Ahnenbuch der Familien Lafebre und Stock“ kann ab sofort kostenlos als pdf-Dokument auf der Homepage des Roland zu Dortmund e.V. heruntergeladen werden.
Von Heiko Hungerige
Anlass dafür, sich mit Familienforschung zu befassen, waren Anfragen der Nichten und Neffen: „Sie wollten wissen, woher und wann der erste Lafebre nach Deutschland kam“, schreibt Editha in ihrem Nachwort. Auch wenn Familiengeschichte nie abschließend erforscht sein kann, liegt nun auf 70 Seiten eine mehr als ausführliche Antwort vor.
Zunächst musste jedoch mit typischen „Familienmythen“ aufgeräumt werden: „In der Familie ist man immer davon ausgegangen, dass der Name Lafebre aus dem Französischen stammt, eine direkte Verbindung nach Frankreich lässt sich jedoch zzt. noch nicht nachweisen. Es käme evtl. auch Belgien oder die französische Schweiz in Frage. In den Niederlanden treten die Namen Lovier / Lafebre ebenfalls häufig auf. Bis ins 17. Jh. lässt sich auch nicht nachweisen, dass wir von Hugenotten abstammen, denn unsere Ahnen finden sich ab 1666 nur in katholischen Kirchenbüchern. Allerdings stehen auch Personen anderen Glaubens in den katholischen Kirchenbüchern, wie z.B. Calvinisten und Juden, da die Pastoren einer Gemeinde oft die Einzigen waren, die schreiben konnten und die Kirchenbücher die einzigen Dokumente, in denen Geburt, Heirat und Tod festgehalten wurden. Außerdem habe ich Personen mit dem Namen Lovier gefunden, die Geschwister von Petrus Lovier sein könnten, sodass man davon ausgehen muss, dass die Familie früher als zur Zeit der Hugenottenverfolgung in Welbergen ansässig war. Für uns befremdlich ist aber auch, dass Petrus Lovier und Gesina Lovier 1668 – zwei Jahre nach der Geburt ihres Sohnes Johannes – als Firmlinge im Kirchenbuch aufgeführt werden. Es kann also sein, dass ein Hugenotte Lafebre (bzw. Lovier) im 30-jährigen Krieg (1618 – 1648) in Westfalen hängen geblieben und konvertiert ist. Außerdem neigte das Münsterland nach der Reformation dem evangelischen Glauben zu, vor allem während der Besatzungszeit durch die Hessen (cuius regio, ejus religio), wurde jedoch später wieder rekatholisiert. Es kann aber auch sein, dass der Name Lovier ebenfalls von einem Grundstück / Kotten stammt und dem Lafebre „angeklebt“ wurde. Dafür gibt es aber (noch) keine Belege.“ (S. 6f)
Schnell zeichnete sich ab, dass verschiedene Familienlinien der Lafebres erforscht werden mussten, um die familiären Zusammenhänge zu verstehen: „Ausgehend von Petrus Lovier haben sich im frühen 18. Jh. zwei Linien der Familie Lafebre entwickelt, die bis Mitte des 19. Jh. in Welbergen (heute ein Stadtteil von Ochtrup) lebten. Von einer dieser Familien heiratete ein Lafebre 1813 nach Langenhorst (ebenfalls heute ein Stadtteil der Stadt Ochtrup) und gründete dort eine Familie, deren Nachkommen bis 1934 in Langenhorst lebten. Von dieser Linie hat sich die Rheiner Linie entwickelt. Am 8.10.1934 zog Clemens Johannes Lafebre mit seiner Familie von Langenhorst nach Rheine, Kr. Steinfurt. Außerdem haben sich Linien von Lafebre in Freckenhorst (Stadtteil von Warendorf im Münsterland), Schöppingen (Gemeinde im westlichen Münsterland, Kr. Borken) und Metelen (Gemeinde im Kr. Steinfurt) ergeben. Des Weiteren habe ich Abzweigungen in Burgsteinfurt sowie in Warendorf gefunden. Eine Familie Lafebre ist von Welbergen aus beruflichen Gründen nach Freren (eine Kleinstadt im westlichen Teil Niedersachsens) gezogen. Sowohl in Wettringen als auch in Nordwalde (beides Gemeinden im Kr. Steinfurt) finden sich Lafebre, die dort hin geheiratet haben.“ (S. 10)
Stammlinie von Karl Clemens Lafebre (Bruder von Editha Lafebre) bis zu Petrus Lovier aus Welbergen.
Eine andere Schwierigkeit bei der Recherche war die Veränderung des Familiennamens über die Jahrhunderte: „Im 17. Jh. und Anfang des 18. Jh. stehen unsere Vorfahren mit dem Nachnamen Lovier (Petrus Lovier) in den Kirchenbüchern von Welbergen. Dieser Name änderte sich in der 3. Generation von Lovier über Labafier / Labavier, Lavabor, Lavebor, Laveber, La Feber, Lefeber und schließlich zu Lafebre. Bei den 7 Kindern von Johann Lovier (Nachname bei der Geburt) und Engelina Elisabeth Zurdust wechselten die Nachnamen von Lovier zu Lafeber, ebenso bei den Eltern und Großeltern, sodass ich daraus schließe, dass eine Verbindung zwischen Lovier und Lafebre besteht. Der Name Lovier tritt danach nie wieder auf. Auch der Nachname der Mutter ändert sich von Zurdust nach Tordus und wieder zu Zurdust. Es kann auch sein, dass der Name Lovier nur zufällig im Kirchenbuch der älteste Name ist und der Name Lovier eine mundartliche Variante des Namens Lafebre / Lefebre etc.“ (S. 5)
Entwicklung des Familiennamens über die Jahrhunderte
Geschichte hat Editha Lafebre schon immer interessiert: „Als Mädchen habe ich das Buch "Götter, Gräber und Gelehrte" gelesen und wollte seitdem Archäologin werden. Aber mein Vater sagte, ich soll was Gescheites studieren.“ Sie studierte dann Wirtschaftswissenschaften und wurde Leitende Ministerialrätin im Hessischen Verkehrsministerium; 1996 schied sie aus dem aktiven Dienst. Nach der Pensionierung schrieb sie sich als Gasthörerin beim Seminar für Biblische Archäologie an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz ein und reiste im Alter von fast 70 Jahren 2003 sowie im August 2004 gemeinsam mit rund 35 Wissenschaftlern/-innen und Laien zu Grabungen nach Israel in die Gegend der biblischen Hafenstadt Kinneret am See Genezareth, wo sie an der Ausgrabung zweier phönizischer Vasen beteiligt war.
Editha Lafebres Großeltern mit ihren vier jüngsten Kindern um 1908 (Foto: E. Lafebre)
Während der Corona-Pandemie kam sie dann zur Ahnenforschung: „Ahnenforschung ist ein interessantes Hobby und sehr zu empfehlen, um die grauen Ganglien in Trab zu halten, denn man kann sie in
jedem Alter betreiben. Und vor allem erschließt sie einem viele Kontakte.“, schreibt Editha in ihrem Nachwort.
Wir können ihr da nur zustimmen und danken ihr für ihre Forschungsarbeit …