Kleidung auf alten Familienfotos hilft bei der Ahnenforschung

Jürgen Sturma referierte über historische Trachten

Das war wieder ein Roland-Online-Vortragsabend mit einem "Wow"-Effekt, der dazu führte, dass Ahnenforscherinnen und Ahnenforscher alte Familienfotos jetzt mit anderen Augen betrachten werden. Der Mindener Stadtheimatpfleger und Forscherfreund Jürgen Sturma führte vor, wie historische Trachten bei der Erforschung der eigenen Familiengeschichte helfen können.

 

Von Georg Palmüller

Der Name "Jürgen Sturma" verspricht immer hoch interessante und informative Informationen zur Familienforschung. Daher lud die Genealogisch-heraldische Arbeitsgemeinschaft Roland zu Dortmund diesen hochkarätigen Experten wieder zu einem Online-Vortragsabend am Dienstag, dem 12. September 2023 ein und die Vereinsvorsitzende Angela Sigges konnte dazu wieder zahlreiche Interessierte aus Nah und Fern im virtuellen Zoom-Veranstaltungsraum begrüßen.


Der Referent stellte sich zunächst kurz selbst vor und erläuterte, dass er die Untersuchung der historischen Trachten am Beispiel einer volkskundlichen Region im nördlichen Westfalen vorstellen werde. Dabei trat zu Tage, dass allein im Raum Minden-Lübbecke zahlreiche Gebiete existierten, in denen unterschiedliche Arten von Kleidungsstücken getragen wurden. Jürgen Sturma präsentierte dann alte Familienfotos, auf denen die abgelichteten Frauen, Männer und Kinder Trachten aus den verschiedenen Kleinregionen trugen und erläuterte das Aussehen, die Form und die Farben der Kleidung sowie deren Bedeutung.

Die Gliederung des Vortrages von Jürgen Sturma versprach schon einen hoch interessanten und informativen Abend.

Die Farben verdeutlichen die Kleinteiligkeit der Gebiete im Raum Minden-Lübbecke, in denen unterschiedliche Trachten getragen wurden.


Anhand von alten Familienfotos erläuterte der Referent die Art, die Farben und die Bedeutung der Bekleidung.

In der heutigen Zeit gibt es Veranstaltungen zu Trachten und es werden alte Trachten vorgeführt.


Dazu bleibt festzuhalten, dass es in der damaligen Zeit des 18. und 19. Jahrhunderts strenge Bekleidungsvorschriften gab. Die Bekleidung gab Auskunft über den Stand der Person, über deren Reichtum und Bedeutung in der Gesellschaft der Region. So trugen zum Beispiel in einem Ort die evangelischen Gottesdienstbesucher in der Kirche die gleiche Tracht und die katholischen Gläubigen während ihrer Messe eine andere Tracht. Der Referent erläuterte, dass diese strengen Regeln zur Bekleidung in der heutigen Zeit kaum noch existieren. Es gibt heute die Freiheit des Einzelnen in der Wahl und im Tragen seiner Kleidung. Gewisse "Zwänge", sich zu gewissen Ereignissen, wie zum Beispiel zu Hochzeiten oder zu Beerdigungen zu kleiden, gäbe es aber immer noch. Aber auch heute tragen Menschen Kleidung bestimmter Marken, um ihren Status darzustellen.

 

Eine weitere wichtige Rolle an den historischen Kleidungsstücken spielten die Knöpfe, die regional von Knopfmachern für die Region hergestellt wurden. Sie wurden von Volkskundlern lange übersehen, haben aber eine sehr starke regionale Identität. Da die Westen und Jacken der Männer den meisten Platz für die Anbringung und Zurschaustellung von kunstvoll gefertigten Knöpfen boten, waren Männer auch die Hauptkunden der Knopfmacher. So konnten die Menschen in der damaligen Zeit anhand der Trachten und der Knöpfe einer bestimmten Region zugeordnet werden, was den Ahnenforscherinnen und Ahnenforschern in der heutigen Zeit helfen kann, ihre alten Familienfotos zuzuordnen und Rätsel über die Herkunft ihrer Vorfahren zu lösen.

Solche Veranstaltungen zu Trachten sind immer eine gute Gelegenheit, sie live und in Farbe zu sehen und sich über das Thema zu informieren.

Von den Volkskundlern lange übersehen: Die Knöpfe an den historischen Kleidungsstücken. Diese haben eine sehr starke regionale Identität und können zur Identifizierung von Herkunftsregionen der Vorfahren beitragen.


Im letzten Teil seines Vortrages ging Jürgen Sturma noch auf die "typisch deutsche" Tracht ein, die es tatsächlich so nicht gibt. Aber im Ausland wird immer wieder eine Tracht gesehen, die als typisch deutsch gelten soll, nämlich eine bayerische Volkstracht. Diese werde immer wieder mit Deutschland verbunden und heute überall in der Welt und auch in Deutschland selbst von Menschen getragen, die Oktoberfeste besuchen und sich dort vergnügen.

Ein Volksfest im nördlichen Westfalen heute: Die Feiernden tragen eine Tracht, die vom Ausland als "typisch deutsch" gesehen wird. Bayern lässt grüßen!

Hier die Tracht, die in der Region im nördlichen Westfalen damals tatsächlich getragen wurde. Welch ein Unterschied zum Bild links!


"Die ländliche Bevölkerung war in der Vergangenheit an die Tracht gebunden und die Bekleidung war so etwas wie eine Ausweiskarte!", erläuterte der Referent. Alte Familienfotos wurden zwischen Verwandten, besonders aber mit den deutschen Auswanderern in den Familien ausgetauscht. Um die Herkunft von Personen auf den Fotos aufzuklären, sollte man am besten Fotos mit einem starken regionalen Aspekt einem Experten für die Region zeigen. Das könnte zum Beispiel ein Ortsheimatpfleger sein. Da die volkskundliche Landschaft sehr kleinteilig ist, ist eine Identifizierung oftmals sehr schwierig.

 

Ein hervorragender Vortrag von Jürgen Sturma, der vom internationalen Teilnehmerkreis der Roland-Online-Veranstaltung sehr gelobt wurde. "Ich werde gleich die alten Fotos aus meiner Familienforschung herauskramen und nochmal ansehen!", meinte eine begeisterte Teilnehmerin.

Ein altes Familienfotos von Auswanderern nach Danzig-Friedewalde. Anhand der Tracht, die die Frau links im Bild trägt, konnte die regionale Herkunft der Familie geklärt werden.

Die "Visitenkarte" des Referenten Jürgen Sturma zu seinem hervorragenden Vortrag. Wer Fragen hat, kann sich gerne an ihn wenden.


Der Roland zu Dortmund möchte sich hiermit noch einmal bei Jürgen Sturma herzlich für diesen hoch interessanten, informativen und hilfreichen Vortragsabend bedanken.

 

Die Aufzeichnung des Online-Vortrages "Historische Trachten zur Unterstützung der Familienforschung" mit dem Referenten Jürgen Sturma kann man auf dem Roland-YouTube-Kanal unter folgendem Link aufrufen:

 

https://youtu.be/qMJ5JXo8e5Y?si=w0bZJB3GEYpoW_BJ

 

Das Roland-Info-Padlet mit den gesammelten besprochenen Links zu interessanten Webseiten und Forschungsquellen zum Online-Abend findet man unter folgendem Link:

 

https://padlet.com/gpalmueller/roland-online-vortrag-12-09-2023-6xctimd6hm6q9qqp